// new media class


Aaron Winter — Sonnenzeit

Navigation, Orientation, Information — Summer 2019

Sonnenzeit

Sonnenuhren sind naturbasierte Instrumente zur Zeitmessung. Ihr Prinzip erschließt sich aus der Orientierung im Raum. In der Antike bekannt, wurden sie in der Renaissance maßgeblich um den Polstab verbessert. Im Laufe der Jahrhunderte haben sie sich schließlich in den Alltag integriert. Als wichtige Instrumente zur Zeitmessung dienten sie noch bis 20. Jahrhundert hinein zum Eichen von noch ungenau gehenden mechanischen Uhren.
Später löste sich, durch die umfassende Technisierung der Zeitmessung, die Uhrzeit von der Sonnenzeit. Und heute wird die Uhrzeit vollkommen unabhängig von der Sonnenzeit wahrgenommen.
Um die historische Verbindung von Sonnen- und Uhrzeit in den digitalen Alltag zurückzuholen, wartet das Projekt Sonnenzeit mit entsprechend gestalteten Uhren auf. Zum einen, mit einer digitalen Sonnenuhr (1), deren Uhrzeit die WOZ (wahre Ortszeit) anzeigt. Zum anderen, mit einem Zifferblatt mit integriertem Sonnenstandanzeiger (2). Ein weiteres Ergebnis, ist das von Orientierungsdaten gesteuerte Erscheinungsbild einer Webseite (3).

(1) Die digitale Sonnenuhr entspricht einer Horizontalsonnenuhr. Letztere muss mit einem Schattenstab parallel zur Erdachse ausgestattet, und mit dem Zifferblatt stets nach Norden ausgerichtet sein, sowie je nach Standpunkt auf dem Globus ein angepasstes Zifferblatt aufweisen. Diese Eigenschaften wurden im digitalen Pendant berücksichtigt. Je nach Standpunkt wird ein entsprechendes Zifferblatt generiert. Die angezeigte Uhrzeit entspricht der wahren Ortszeit. Diese weicht über das Jahr bis zu einer viertel Stunde von der mittleren Ortszeit (MOZ) ab und kann mit der Zeitgleichung bis auf eine Sekunde genau angenähert werden. Ein Nutzer der digitalen Sonnenuhr sieht sich somit einer antiquierten Zeitanzeige ausgesetzt, die die zeitgenössische Zeitwahrnehmung auf den Kopf stellt, weil sie nicht genau geht. Die Anwendung ist auf digitalen Geräten (Smartphone/-watch) denkbar.

(2) Das Zifferblatt mit integrierter Sonnenstandanzeige, ist aus einer herkömmlichen Uhr mit zwölf Stundenanzeige gedacht. Um das bekannte Zifferblatt herum, ist eine weitere Zeitskala angeordnet: eine 24 Stunden Anzeige die anhand eines Kreisbogensegmentes den Sonnenauf- und Sonnenuntergang anzeigt. Damit wird ein Bewusstsein über den Sonnenstand, während des Ablesens der Uhrzeit geschaffen. Ein Zeitablesender wird so über die Länge des Tages informiert. Der Entwurf ist analog wie auch für digitale Geräte denkbar.

(3) Northern News ist ein weiteres Ergebnis des Projekts Sonnenzeit. Es stellt eine Webseite dar, deren Typografie datengesteuert gerendert wird. Dabei werden die Orientierungssensoren, wie in der digitalen Sonnenuhr ausgelesen. Nur, anstatt die Werte auf eine die Zeit anzeigende Grafik angewendet werden, spricht das Skript jeden einzelnen Buchstaben an.
Text kann auf dieser Webseite daher nur gelesen werden, wenn sich ein Benutzer zu 0° Nord hingewendet hat. Sonst drehen sich alle Buchstaben um die eigenen Achse um die Gradzahl, die man sich von Norden abgewendet hat.